Cieszyn in Schlesien an einem Tag entdecken

Abseits der großen Industriezentren Oberschlesiens liegt Teschen, ein echter Hidden Gem! Die an der Grenze von Polen und Tschechien gelegene geteilte Stadt war einst Teil des österreichischen Kronlands Schlesien. Hier trifft k. u. k.-Charme auf moderne Lebensart.

Natürlich reicht ein Tag nicht aus, um alle einzigartigen Sehenswürdigkeiten von Cieszyn zu besichtigen und die lokalen Spezialitäten zu probieren. Ich verrate euch jedoch, wie man die Zeit optimal nutzen kann, um die wichtigsten und schönsten Ecken der Stadt zu sehen und dabei Spaß zu haben. Eins ist sicher: Die Atmosphäre von Cieszyn wird jeder sofort spüren und, so wie ich, wiederkommen wollen.

Cieszyn – Zwei Städte, ein Herzschlag

Cieszyn , auf deutsch Teschen, ist eine Stadt, die Geschichte atmet und zu Unrecht übersehen wird. Cieszyn war über Jahrhunderte ein kulturelles Bindeglied zwischen Polen und Österreich und blickt auf eine über tausendjährige Geschichte zurück.

„Ein Bier in Polen, ein Espresso in Tschechien – und das alles in zehn Minuten.“ So beginnt mein Tag in Teschen. Die faszinierende Doppelstadt, die sich wie ein Puzzle aus Kulturen zusammensetzt. Die Sonne glitzert auf der Olza, dem Fluss, der Cieszyn (Polen) und Český Těšín (Tschechien) trennt – und zugleich verbindet. Ich stehe auf der Brücke der Freundschaft, mitten im Herzen Europas, und spüre: Hier ist Geschichte greifbar, hier lebt Europa.

Historie mit Brüderlichkeit

Der Legende nach wurde Teschen im Jahr 810 von drei Brüdern gegründet, die sich nach langer Trennung am heutigen „Dreibrüderbrunnen“ wiedertrafen – so glücklich über das Wiedersehen, dass sie beschlossen, eine Stadt zu gründen. Der Name „Cieszyn“ leitet sich vom polnischen „cieszyć się“ ab – sich freuen.

Der Brunnen existierte bereits im 15. Jahrhundert und gehörte den Dominikanermönchen. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde er der Stadt übergeben. 1868 wurde ein gusseiserner, neugotischer Pavillon errichtet, in dessen Inneren eine Inschrift über das Treffen der drei Brüder in polnischer, lateinischer und deutscher Sprache angebracht war. 1951 wurde die deutsche Inschrift durch ein Flachrelief ersetzt, das zum 1100. Jahrestag der legendären Stadtgründung geprägt wurde.

Im Mittelalter war Teschen Residenzstadt des Herzogtums, später Teil der Habsburgermonarchie. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Stadt 1920 geteilt – entlang der Olza. Die Altstadt mit Marktplatz und historischen Gebäuden fiel an Polen, die Neustadt mit Bahnhof an die Tschechoslowakei. Heute sind beide Teile durch drei Brücken verbunden.

Grenzgang nach Tschechien

Der Grenzübertritt ist heute ein Spaziergang – keine Kontrolle, kein Stopp. Früher war das anders, erzählt mir Stadtführer Leszek Lipsa. Lange Schlangen, Zollkontrollen, Schmuggelgeschichten. Heute flaniert man einfach über die Brücke, vorbei an alten Grenzhäuschen, die nun als Kunstinstallationen dienen. Es lohnt sich rüberzuspazieren und auf tschechischer Seite einen Espresso im Kaffeehaus Avion zu trinken, einem liebevoll rekonstruierter Treffpunkt für Literaten und Genießer.

Die Küche in Teschen und Böhmisch-Teschen ist ein Spiegel der Region: Schlesische Roulade mit Kluski z dziurką (Klöße mit Loch) trifft auf tschechischen gebackenen Käse mit Pommes und Tatarsoße. Die Restauracja Cieszyńska, direkt an der Brücke gelegen, vereint beide Küchen auf einer Karte – ein kulinarischer Brückenschlag.

In Český Těšín, der tschechischen Seite von Teschen, zieht ein neues Kunstwerk die Blicke auf sich: ein monumentaler Mural von Nikolaus Kopernikus. Das Wandbild befindet sich an der ul. Strzelnicza und zeigt eine detailreiche Kopie des berühmten Gemäldes „Astronom Kopernikus, oder Gespräch mit Gott“ von Jan Matejko.

Altstadtflair mit architektonische Perlen

Wieder auf der polnischen Seiten ist ein Spaziergang durch Cieszyns Altstadt wie eine Reise durch die Epochen. Die ulica Głęboka schlängelt sich durch das Zentrum, gesäumt von pastellfarbenen Bürgerhäusern, kleinen Cafés und Antiquariaten.

Auf dem Schlossberg thront die Rotunde des heiligen Nikolaus, eines der ältesten romanischen Bauwerke Polens. So wichtig, dass sie auf dem 20 Złoty-Schein abgebildet ist.

Ein wesentlicher Bestandteil des Burgbergs sind außerdem der Turm der letzten Verteidigung aus dem 13. Jahrhundert und der Piastenturm, der über 121 Holzstufen erreichbar ist.

Von hier oben wird man mit einem wunderschönen Panorama auf die Beskiden belohnt und dem perfekten Blick auf die gesamte Stadt, sowohl der polnischen als auch der tschechischen Seite nach Český Těšín.

Der Teschener Marktplatz ist einer der schönsten Altstädter Plätze Mitteleuropas. In seiner Mitte steht ein Steinbrunnen mit einer Statue des Heiligen Florian. Eingerahmt von den vielen schönen Stadthäusern – Denkmäler der modernistischen Architektur.

Auch das ehemalige Hotel Pod Brunatnym Jeleniem (Unter dem braunen Hirschen) steht hier. In seiner Blütezeit beherbergte das Erdgeschoss ein Restaurant, in dem Bälle und Konzerte stattfanden. Das „Tüpfelchen auf dem i“ des zentralen Teils der Stadt ist natürlich das Teschener Rathaus mit seinem Sitzungssaal, in dem Kaiser Franz Joseph I. während seines Besuchs in Teschen empfangen wurde.

Berühmt ist auch die Teschener Bibliothek. Sie verfügt über zahlreiche historische Sammlungen, viele davon aus dem 18. bis 20. Jahrhundert (die ältesten Stücke stammen jedoch aus dem Mittelalter). Der Bestand der Bibliothek umfasst rund 130.000 Bände.

Dann sieht man schon das Adam-Mickiewicz-Theater. Das Jugendstilgebäude wurde 1910 nach Plänen der renommierten Wiener Architekten Ferdinand Fellner und Friedrich Helmer erbaut. Das prächtige Interieur des Adam-Mickiewicz-Theaters hat schon viele Filmemacher nach Cieszyn gelockt. Einige Szenen für Andrzej Wajdas „Das gelobte Land“ wurden beispielsweise hier gedreht. Das Theater verfügt über eine Drehbühne, eine der wenigen in Polen. 

Von diesem Ort sind es nur ein paar Schritte zum „Teschener Venedig“. Die kleinen Häuser am Wasserkanal „Młynówki“ (Mühlenkanal) sind über malerische Brücken über das Wasser erreichbar – ein bezaubernder Ort für Spaziergänge.

Essen im Teschener Stil

Beim Erkunden der Stadt wird man hungrig und durstig. Unbedingt die Teschener Sandwiches probieren, die als kulinarisches Wahrzeichen der Stadt gelten. Ob Hering, Salat oder Schinken – alles schmeckt einfach köstlich.

Natürlich gibt es auch für Liebhaber traditioneller Gerichte ein kulinarisches Angebot, das bis zum Rand mit schlesischen Aromen gefüllt ist. Hier gibt es einzigartige Gerichte, die man nirgendwo sonst findet wie Babraczka oder Zulc.

Wer es süß mag, sollte den Makowiec (Mohnkuchen) oder die berühmten Cieszyn-Krapfen probieren – und natürlich den warmen Apfelstrudel, der angeblich zu den Lieblingsdesserts von Kaiser Franz Joseph gehörte und nach traditionellen Rezepten zubereitet wird. Jedes Jahr findet in Cieszyn auch der Kinga-Iwanek-Riess-Strudelbackwettbewerb statt, der die ganze Stadt mit dem Duft von Süße und Zimt erfüllt.

Bierkultur im Schloss

Ein Muss für jeden Besucher ist die Schlossbrauerei Cieszyn – eine Institution mit über 175 Jahren Geschichte. Sie ist ein lebendiges Zeugnis der österreichischen Vergangenheit der Stadt. Gegründet 1846 von Erzherzog Karl Ludwig Habsburg, liegt sie malerisch am Fuße des Schlossbergs und war einst Teil des k.u.k.-Wirtschaftsnetzes. Bis heute wird hier nach traditionellen Methoden gebraut – mit offenen Gär-Bottichen und viel Handarbeit.

Die historischen Keller und Maschinen erzählen von einer Zeit, als Cieszyn ein florierender Grenzort im Habsburgerreich war. Die Führung durch die Brauerei ist ein Erlebnis: Kühle Keller unter dem Schlossberg und die Duftnoten von Hopfen und Malz in der Luft.

Zur Verkostung stehen Klassiker wie der Cieszyn Lager, das fruchtige Hefe-Weizen, eine kräftige Double IPA und der samtige Baltic Porter mit Schokoladen- und Kaffeenoten. Auch ein alkoholfreier Lager wird angeboten – mit vollem Geschmack und Charakter.

Weibliche Stadtgeschichte in Teschen

Nur zwei Minuten vom Eingang der Brauerei entfernt, beim Abstieg vom Osthang des Schlossbergs, hat Cieszyn noch ein ganz besonderes kulturelles Angebot zu bieten, das in Europa nahezu einzigartig ist: den Frauenrundgang. Bei diesem Rundgang dreht sich alles um die Geschichte und das Wirken bedeutender Frauen der Stadt.

Bei diesem thematischen Spaziergang der Teschener Frauengasse werden Orte besucht, die mit weiblicher Stadtgeschichte verbunden sind – von Lehrerinnen und Künstlerinnen über Unternehmerinnen bis hin zu Aktivistinnen. Die Tour beleuchtet das Leben von Frauen wie Grażyna Staniszewska, Bürgerrechtlerin und EU-Parlamentarierin, und zeigt, wie Frauen das kulturelle und soziale Leben Cieszyns geprägt haben. Ergänzt wird der Rundgang durch eine mobile App, die historische Informationen, Bilder und interaktive Elemente bietet – ideal für eine individuelle Entdeckungstour.

Teschen mit der mobilen App erkunden

Die mobile App „Cieszyn. Český Těšín – u nas” erleichtert Touristen die Besichtigung der Stadt und bietet eine Fülle von Informationen. Der mobile Reiseführer verfügt über eine umfangreiche Datenbank mit Sehenswürdigkeiten, darunter vor allem historische Stätten und Touristenattraktionen, sowie Restaurants und Unterkünfte.
Eine einzigartige Möglichkeit, die Stadt zu erkunden, bieten drei Outdoor-Spiele, die Spaß und Abenteuer verbinden.

Beim Lösen von Rätseln erfährt man gleichzeitig etwas über die Geschichte und die Region. Die Lösungen enthüllen die unzähligen Geheimnisse, die sich hinter den historischen Mauern verbergen. Die Outdoor-Spiele basieren zudem auf Geolokalisierung: Sobald man den Ort eines Rätsels erreicht, wird man benachrichtigt und kann mitmachen. Am Ende erhält man ein virtuelles Diplom.

Anreise

Um nach Teschen zu fahren ist es am einfachsten auf Auto, Motorrad, Camper oder Fahrrad umzusteigen. Von Katowice ist Teschen etwa eine Autostunde entfernt. Von hier ist es nur einen Katzensprung bis in die Bergwelt der Beskiden.

Złoty – Polens goldene Währung

Was viele nicht auf dem Schirm haben: In Polen zahlt man mit dem Złoty – übersetzt „der Goldene“. Ein Euro entspricht etwa 4,5 Złoty, je nach Wechselkurs. Man kann zwar überall mit Karte zahlen, doch für Märkte, Toilettenbesuche etc. lohnt sich ein bisschen Bargeld dabei zu haben.

Kulinarische Tipps

Im charmanten Café „Kornel i Przyjaciele“ wird nicht nur gelesen, sondern auch geschlemmt. Neben aromatischem Kaffee und heißer Schokolade locken hausgemachte Kuchen wie der klassische polnische Sernik oder Apfelstrudel. Die Atmosphäre erinnert an ein literarisches Wohnzimmer – ideal für eine kulinarische Pause mit regionalem Flair.

Das Restaurant Liburnia verbindet regionale Tradition mit kreativer Küche. Auf der Karte stehen Klassiker wie Żurek im Brotlaib, Schweinerippchen auf Babraczka oder Zulc – eine deftige Schweinefleisch-Galarete. Die Zutaten stammen von lokalen Produzenten, das Ambiente ist stilvoll und entspannt. Ein Muss für Liebhaber schlesischer Kochkunst. 

Wer länger in Cieszyn  bleiben möchte, kann im Hotel Liburnia auch übernachten. Nur wenige Gehminuten vom historischen Zentrum entfernt, bietet das Hotel moderne Zimmer und eine hauseigene Küche mit frischen, regionalen Gerichten. Ideal für Geschäftsreisende und Wochenendgäste, punktet das Hotel mit Konferenzräumen, Fitnessbereich und kostenlosem Parkplatz. Ein solider Ausgangspunkt für Entdeckungen in Cieszyn.

Der Artikel entstand in Zusammenarbeit mit der Polnischen Tourismusorganisation in Berlin, der Schlesischen Tourismusorganisation und ihren Partnern vor Ort. Einfluss auf den Inhalt des Artikels wurde nicht genommen.

Unter www.polen.travel findet ihr viele weitere Informationen über Reisen nach Polen.

Weitere Informationen über Oberschlesien finden Sie unter www.slaskie.travel und zu Cieszyn unter https://visitcieszyn.com/

Fotos: Antonia Kasparek, visitcieszyn

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