Oppelner Land: zwischen Schlössern, Wallfahrtsorten und Kulturhighlights
Die Region Opole ist ein echter Geheimtipp für Reisende, die abseits der bekannten Pfade in Polen unterwegs sein möchten.
Die Sonne taucht die sanften Hügel in goldenes Licht, während sich der Nebel aus den Wäldern langsam hebt. Ein leichter Wind streift durch die Baumkronen und das Plätschern der Brunnen ist zu hören. Es ist früher Morgen in Moszna, einem kleinen Ort in der polnischen Region Opole.
Vor mir erhebt sich ein Bauwerk, das direkt einem Märchenbuch entsprungen zu sein scheint: das Schloss Moschen. Mit seinen 99 Türmen und 365 Räumen wirkt es wie eine Mischung aus Hogwarts und Neuschwanstein – und ist doch ganz real.

Ich bin unterwegs im Oppelner Land, einer Region, die zu Unrecht oft übersehen wird, obwohl sie voller Geschichte, Kultur und landschaftlicher Schönheit steckt. Die Region Opole (Oppeln), ist zwar eine der kleinsten Woiwodschaften des Landes – aber zugleich eine der kulturell reichsten.
Hier kann man sich auch auf spannende Spurensuche auf Pfaden des gemeinsamen historischen deutsch-polnischen Erbes begeben. Zwischen barocken Kirchen, Renaissance-Schlössern und lebendigen Städten entfaltet sich ein Reiseziel, das überrascht und begeistert.

Schloss Moschen – Ein Disneyschloss in Schlesien
Das Schloss Moschen (polnisch: Zamek Moszna) wurde im 17. Jahrhundert für die Familie Tiele-Winckler, eine der bedeutendsten Adelsfamilien Schlesiens, errichtet. Nach einem verheerenden Brand im Jahr 1896 wurde es im barocken Stil wieder aufgebaut und später durch einen neogotischen Ostflügel sowie einen neorenaissanceartigen Westflügel ergänzt. Der barocke Mitteltrakt, der neogotische Ostflügel und der neorenaissanceartige Westflügel bilden gemeinsam ein einzigartiges architektonisches Ensemble.
Wer möchte, kann auch im Schloss übernachten und sich wie ein Graf oder eine Gräfin fühlen. Die weitläufige Parkanlage mit jahrhundertealten Linden und Stieleichen lädt zum Flanieren ein. Besonders im Mai und Juni, wenn das Azaleenfestival stattfindet, verwandelt sich der Garten in ein Farbenmeer. Ein Anziehungspunkt für alle Besucher ist die Brunnenanlage mit Musik- und Lichtspielen.
„Fabryka Robotów“: Das Roboter-Museum
Ein Spaziergang durch die weitläufige Parkanlage von Schloss Moschen führt nicht nur durch gepflegte Alleen und vorbei an alten Linden, sondern auch zu einer ganz besonderen Attraktion: der „Fabryka Robotów“, dem Roboter-Museum direkt neben dem Schloss. Was zunächst wie ein skurriler Kontrast zum historischen Ambiente wirkt, entpuppt sich als faszinierende Ergänzung.
Hier hat der Metallkünstler Sebastian Kucharski, ein ehemaliger Bauunternehmer, seine Leidenschaft für Technik und Fantasie in eine spektakuläre Ausstellung verwandelt. Aus recyceltem Metall erschafft er lebensgroße Roboterfiguren, die direkt aus Science-Fiction-Filmen stammen könnten.
Besucher begegnen hier Charakteren aus Star Wars, Terminator, Transformers, Alien vs. Predator oder auch überdimensionierten Minions – allesamt aus Altmetall gefertigt und teils mit Elektromotoren ausgestattet, so dass sie sich auf Zuruf bewegen.
Wer die Ausstellung bei Schloss Moschen besucht, erlebt nicht nur beeindruckende Skulpturen, sondern auch die Geschichte eines echten „Machers“. Sebastian Kucharski, der kreative Kopf hinter der Roboterfabrik bei Schloss Moschen, arbeitete eng mit Hornbach im Rahmen der „MACHER“-Kampagne zusammen. Die Zusammenarbeit mit Hornbach hat Kucharski und seine Roboter einem breiteren Publikum bekannt gemacht – und zeigt eindrucksvoll, wie aus Schrott Kunst entstehen kann.
Opole – Die Stadt der Musik und Geschichte

Nur eine halbe Stunde von Moszna entfernt liegt Opole, die Hauptstadt der Region. Bekannt ist sie als Hauptstadt des polnischen Liedes – das gleichnamige Museum (Muzeum Polskiej Piosenki) bietet eine interaktive Reise durch die Musikgeschichte des Landes und ist ein Muss für Musikliebhaber. Hier kann man nicht nur zuhören, sondern auch selbst singen und komponieren.

Schon beim Betreten des modernen Gebäudes, das direkt unter dem berühmten Amphitheater liegt (hier findet jedes Jahr das Festival des Polnischen Liedes mit nationale Stars statt), begrüßen bunte Neonlichter mit Songtiteln wie „Zielono mi“ oder „Nie zadzieraj nosa“ die Gäste.
Es ist, als würde man in eine musikalische Zeitkapsel eintauchen. Das Museum erzählt die Geschichte des polnischen Liedes von den 1920er Jahren bis heute – multimedial, interaktiv und voller Emotionen. Besucher erhalten einen Audioguide und können sich durch Touchscreens, Musikboxen und Videowände klicken.
Besonders beliebt sind die Aufnahmekabinen, in denen man selbst ein Lied einsingen und per E-Mail verschicken kann – eine originelle Erinnerung an den Besuch. Wer möchte, kann sich sogar virtuell in die Bühnenkostüme polnischer Stars werfen und ein Selfie machen.

Blick auf das Oppelner Venedig

Nur wenige Schritte entfernt erhebt sich mit dem Piastenturm (Wieża Piastowska) ein weiteres Wahrzeichen der Stadt. Mit seinen 42 Metern Höhe ragt der runde Backsteinturm über die Dächer von Opole. Er ist das letzte Relikt des einstigen mittelalterlichen Piastenschlosses, das 1928 abgerissen wurde. Der Turm wurde ursprünglich im 13. Jahrhundert unter Herzog Bolko I. als Wehrbau, Zufluchtsort und Aussichtspunkt erbaut. Im Inneren des Turms erwartet die Besucher eine Multimediapräsentation, die die Geschichte der Stadt und des Schlosses lebendig werden lässt.
Heute führt eine Wendeltreppe mit 162 Stufen hinauf zur Aussichtsplattform. Von dort aus hat man einen grandiosen Blick über die Altstadt und die Oder. Pastellfarbene Bürgerhäuser, der historische Marktplatz (Rynek) und die imposante Kathedrale der Erhöhung des Heiligen Kreuzes prägen das Stadtbild.
Entlang des Mühlgrabens kann man eine etwa 1,3 km lange Uferpromenade, gesäumt von Brücken und Gärten entlang schlendern. Am Ufer finden sich viele Cafés und Restaurants mit– ideal für einen abendlichen Drink mit Blick auf die Spiegelungen im Wasser. Tipp: Das Pfannkuchenhaus Grabówka liegt inmitten des Parks und direkt am Kanal.

Kulinarik und Gastfreundschaft
Die Region Opole ist auch kulinarisch ein Genuss. In traditionellen Restaurants werden schlesische Spezialitäten wie Kluski śląskie (Kartoffelklöße), Rolada (Rinderroulade) und Modra Kapusta (Blaukraut) serviert. Dazu passt ein Glas regionaler Wein – etwa vom Weingut des Schloss Pawłowice. Auf den Märkten gibt es lokale Produkte wie Honig, Käse und handgemachte Süßigkeiten.
Museen, die Geschichten erzählen
Das Miethaus in der ul. Wojciecha 9, liebevoll restauriert und als Teil des Museums des Oppelner Schlesiens eingerichtet, das Kunst, Anthropologie und regionale Geschichte zeigt. Es ist ein Zeitfenster in die städtische Wohn- und Alltagskultur vergangener Epochen.
Schon beim Betreten des Treppenhauses spürt man die Atmosphäre: knarrende Dielen, ein gusseisernes Geländer, der Duft von Holz und Geschichte. Die Räume sind originalgetreu eingerichtet – vom Wohnzimmer mit schweren Möbeln und Spitzendeckchen bis zur Küche mit Emailletöpfen, Kohleherd und Vorratsdosen mit der deutschen Aufschrift Gries, Mehl oder Salz. In der Speisekammer hängen Würste, und auf dem Tisch liegt ein handgeschriebenes Rezeptbuch. Es ist, als hätte die Bewohnerin gerade das Haus verlassen, um auf dem Markt frisches Gemüse zu holen.
Jedes Zimmer erzählt eine Geschichte. Besucher können sich frei bewegen, Schubladen öffnen, in Bücher blättern – und so ganz unmittelbar in das Leben einer Oppelner Familie eintauchen. Besonders eindrucksvoll ist die Mischung aus bürgerlicher Eleganz und schlesischer Bodenständigkeit.
Das Miethaus zeigt nicht nur, wie man wohnte, sondern auch, wie man lebte: mit Traditionen, Ritualen und einem starken Gemeinschaftsgefühl. Es ist ein stiller, aber eindringlicher Ort, der zeigt, dass Geschichte nicht nur in Schlössern und Monumenten steckt, sondern auch in den kleinen Dingen des Alltags.

Wer sich mehr für die deutsche Geschichte in der Region interessiert sollte zudem im Dokumentationszentrum der Deutschen Minderheit vorbeischauen – es beleuchtet in einer anschaulichen Ausstellung die komplexe deutsch-polnische Geschichte der Region.
Annaberg – Wallfahrt mit Aussicht

Nur eine knappe Stunde von Oppeln entfernt, erwartet Besucher dann ein ganz anderes Erlebnis: Die Straße windet sich durch sanfte Hügel, Wälder und Felder, bis sich plötzlich ein mächtiger Inselberg aus der Landschaft erhebt: der Sankt Annaberg (Góra Świętej Anny). Schon von weitem ist die barocke Basilika zu erkennen, die wie ein Wächter über die Region thront.
Der Berg ist nicht nur die höchste Erhebung der Schlesischen Hochebene, sondern auch der bedeutendste katholische Wallfahrtsort Oberschlesiens. Tausende Pilger strömen jedes Jahr hierher, um die 66 Zentimeter hohe Lindenholzfigur der heiligen Anna selbdritt zu verehren, die im Hauptaltar der Basilika steht.

Der Ort ist durchdrungen von Geschichte und Spiritualität. Der Kreuzweg mit seinen 33 barocken Kapellen führt durch einen Wald, in dem sich auch eine Nachbildung der Lourdes-Grotte befindet. Hier findet Open-Air-Andachten statt mit einem weiten Blick über die schlesische Landschaft. Ein besonderes Ereignis in der Geschichte des Annabergs war der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1983. Sein Besuch war ein emotionaler Höhepunkt für die Region und stärkte die Bedeutung des Ortes als geistliches Zentrum Oberschlesiens.
Doch der Annaberg ist nicht nur ein Ort der Andacht – er war auch Schauplatz politischer Kämpfe. 1921, während der oberschlesischen Aufstände, wurde hier erbittert um die Zukunft der Region gerungen.
Am Weg vom Annaberg nach Leschnitz befindet sich das Museum der Schlesischen Aufstände und erinnert an diese bewegte Zeit sowie die erhaltenen Tribünen des von den Nationalsozialisten erbauten Amphitheaters mit steinerne Fahnenmast.

Die halbkreisförmige Arena ist eingebettet in eine 35 Meter hohe Kalksteinwand. Die Tribünen bieten Platz für bis zu 50000 Menschen – eine monumentale Dimension, die in der stillen Landschaft fast surreal wirkt.
Oberhalb des Amphitheaters befand sich einst ein Mausoleum, das den gefallenen Freikorps-Kämpfern der Schlacht am Annaberg von 1921 gewidmet war. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dieses Symbol deutscher Herrschaft gesprengt. An seiner Stelle errichtete Polen 1955 das „Denkmal der aufständischen Tat“. Es besteht aus vier monumentalen Granitpylonen, die die Etappen des schlesischen Freiheitskampfes darstellen. In der Halle unter dem Denkmal finden bis heute Gedenkfeiern statt.

Natur pur im Oppelner Land
Neben den vielen kulturellen Stätten bietet das Oppelner Land natürlich auch viel Natur. Wander- und Radwege durchziehen die sanfte Hügellandschaft, Seen laden zum Baden ein, und der JuraPark in Krasiejów begeistert mit lebensgroßen Dinosauriermodellen und interaktiven Ausstellungen.

Brieg – Renaissancejuwel an der Oder
Auf dem Weg zurück Richtung Deutschland lohnt sich ein Abstecher nach Brieg (Brzeg), einst Residenzstadt der schlesischen Piasten. Die Stadt am Ufer der Oder beeindruckt mit ihrem Piastenschloss, einem der schönsten Renaissanceschlösser Schlesiens. Der Arkadenhof, die Schlosskirche und die Gruft mit prachtvollen Piastensärgen erzählen von der glanzvollen Vergangenheit.
Das Rathaus von Brieg, erbaut zwischen 1570 und 1577, ist ein weiteres Highlight. Die Stadtpfarrkirche St. Nikolai und die Hedwigskirche zeugen von der religiösen Vielfalt der Region. Brieg war über Jahrhunderte ein Zentrum von Kunst, Musik und Bildung – und ist heute ein charmantes Ziel für Kulturreisende.
Anreise
Oppeln ist sehr gut mit dem Zug erreichbar. Wenn man allerdings ins Umland fahren möchte, sollte man auf Auto, Motorrad, Camper oder Fahrrad umsteigen.
Hoteltipp
Ich habe im Hotel DeSilva Premium in Opole übernachtet. Ein modernes Vier-Sterne-Haus im Herzen der Stadt – ideal gelegen zwischen dem Bahnhof, der Altstadt und dem malerischen Mühlgraben, dem sogenannten „Venedig Oppelns“. Das hoteleigene Restaurant serviert Gerichte aus der polnischen und mediterranen Küche. Mit seiner zentralen Lage, der modernen Ausstattung und dem freundlichen Service ist das Hotel DeSilva Premium eine ausgezeichnete Wahl.
Dieser Artikel ist in Kooperation mit dem Polnischen Fremdenverkehrsamt in Berlin und der Oppelner Regionalen Tourismusorganisation entstanden. Einfluss auf den Inhalt des Artikels wurde nicht genommen.
Unter www.polen.travel findet ihr viele weitere Informationen über Reisen nach Polen. Weitere Informationen über Oppeln und das Oppelner Land unter www.visitopolskie.pl
(Fotos: Antonia Kasparek , unsplash)